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Die jüdischen Friedhöfe in Oberösterreich

Jüdischer Friedhof Linz

Nur lokal im Verbund mit dem St. Barbarafriedhof liegt der Friedhof der Israelitischen Kultusgemeinde, der aufgrund einer Vereinbarung mit der Stadtpfarre die NS-Zeit heil überlebte. Ein jüdischer Friedhof („Beth Olamin“ = „Haus der Ewigkeit“) unterscheidet sich in mehreren Punkten von christlichen Gottesäckern:

Zunächst fällt der fehlende Blumenschmuck auf, damit die Toten nicht mit gärenden, säuernden oder sonstigen Nebenprodukten der Zersetzung verunreinigt werden. Man läßt die Gräber mit Efeu und Gras überwachsen. Ferner werden die Gräber nie aufgelassen oder eingeebnet, sie sind wichtig für die Auferstehung der Toten. Bei Platzmangel legt man eine Schicht Erde über ein Grab und bestattet einen Toten über dem anderen.

Auch für nichtjüdische Männer ist es Pflicht, auf dem Friedhof wie in einer Synagoge eine Kopfbedeckung zu tragen (Kippa oder Hut). Der Friedhofsbesuch am Sabbat (Samstag) ist nicht gestattet. An diesem Tag finden auch keine Begräbnisse statt.

Die Grabsteine tragen beidseitig eine Beschriftung, die eine in Hebräisch und die andere in Deutsch, oder auch gemischt auf nur einer Seite.

Geschichte

Als sich Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts die ersten Juden nach ihrer Vertreibung von 1420 wieder in Linz niederließen, mußten sie ihre Toten noch in Rosenberg in Böhmen bestatten. Erst als ihnen 1863 das Recht zum Erwerb von unbeweglichen Güten zugestanden wurde, konnten sie ihren eigenen Friedhof in unmittelbarer Nähe zum Barbara-Friedhof anlegen. Er mußte bald vergrößert werden.

1938 boten die Juden dem Barbara-Gottesacker-Fonds das gesamte Grundstück zur Pacht auf 99 Jahre an. Die unbelegten Parzellen sollten teils als Schrebergärten vergeben werden und teils dem Barbara-Friedhof zur Verfügung stehen. Als einzige Gegenleistung sollte sich der Pächter verpflichten, den eigentlichen Judenfriedhof für die Dauer des Pachtvertrages ,,zu bewachen, zu betreuen und instand zu halten“. 1945 wurde der Pachtvertrag einvernehmlich wieder gelöst.

Der jüdische Friedhof wurde mit 15. Oktober 2009 unter Denkmalschutz gestellt.

116 Gräber wurden durch Bombardierung im zweiten Weltkrieg zur Gänze zerstört und sind nicht mehr sichtbar. Durch einen Lageplan ist jedoch noch sichtbar, wo welche Personen begraben sind.

Da jüdische Gräber niemals aufgelöst werden dürfen, ist es geplant an jeder dieser Grabstellen eine Grabtafel aus Rohstahl zu errichten, auf welcher der Name, das Sterbedatum und das Geburtsdatum der Verstorbenen, soweit diese Daten bekannt sind, vermerkt werden. Somit wir Ihnen auf würdige Weise gedacht.

 

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Fotos vom Linzer Friedhof vor der Renovierung und danach (01.12.2022)

Übergabe des sanierten Friedhofs an die Stadt Linz zur Instandhaltung (01.12.2022)

Video zur Übergabe des sanierten Friedhofs an die Stadt Linz  (01.12.2022)

Jüdischer Friedhof Gmunden

Der Jüdische Friedhof Gmunden (auch Gmundner Israelitenfriedhof) wurde 1923 eröffnet, 1938 zerstört und nach dem Zweiten Weltkrieg wiedererrichtet. Der Friedhof befindet sich im Gegensatz zu zahlreichen anderen jüdischen Friedhöfen in Österreich in einem gut gepflegten Zustand.

Die jüdische Gemeinde von Gmunden gehörte der Israelitischen Kultusgemeinde Linz an und strebte Ende des 19. Jahrhunderts die Errichtung eigener Gemeindeeinrichtungen wie die eines Friedhofes an. Der Wunsch der jüdischen Gemeinde wurde jedoch von der Stadt Gmunden stets abschlägig behandelt. Nachdem die Überführung der Toten nach Linz zu teuer geworden war, wurde ein kleiner Platz auf dem evangelischen Friedhof für die Bestattung der Toten jüdischen Glaubens verwendet. Der zur Verfügung gestellte Raum war jedoch 1923 völlig belegt, sodass die jüdische Gemeinde nach dem Tod der russischen Pianistin Lilia Kanevskaya versuchte, auf den katholischen Friedhof auszuweichen.

Der zuständige Dechant Michael Gusenleitner lehnte jedoch diese Vorhaben ab und soll den Vertretern der jüdischen Gemeinden gesagt haben: „Juden kommen auf meinem Friedhof höchstens auf den Selbstmörderwinkel“. Daraufhin stellte die Stadt Gmunden der jüdischen Gemeinde einen kleinen Pachtgrund außerhalb der katholischen Friedhofsmauer im Ausmaß von 350 m² zur Verfügung. Die jüdische Gemeinde errichtete in der Folge eine Aufbahrungshalle und umgab das Grundstück mit einer Einfriedungsmauer. Die Toten auf dem evangelischen Friedhof wurden in der Folge exhumiert und auf den neuen „Gmundner Israelitenfriedhof“ überführt.

Zwischen 1923 und 1938 führte die 1860 gegründete Chewra Kadischa rund zwanzig Bestattungen auf dem Jüdischen Friedhof durch. Danach wurde im Zuge der Machtübernahme der Nationalsozialisten noch 1938 der Pachtvertrag für den Friedhof aufgelöst und das Grundstück in einen Gemüsegarten umgewidmet. Die Grabsteine wurden abtransportiert und auf einem Privatgrund gelagert, Friedhofsmauer und Aufbewahrungshalle zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof wiedererrichtet.

Jüdischer Friedhof Steyr

Im Jahre 1873 wurde der Bau des israelitischen Friedhofs beschlossen und eine Chewra Kadischa (Krankenpflege- und Beerdigungsverein) gegründet.

In einer Versammlung aller Mitglieder am 17. November 1873 wurde durch freiwillige Spenden das Geld aufgebracht und gleichzeitig eine Chewra Kadischa konstituiert. Als 1. Vorsteher wurde Isidor Weinwurm gewählt. 16 Namen scheinen als Gründungsmitglieder auf.

Im April 1874 wurde der Bau des Friedhofs in Angriff genommen. Das Grabregister vermerkt die Gräber von 1874 bis 1899, während das Friedhofsregister 141 Gräber aus der Zeit von 1874 bzw. 1899 bis 1937 erfasst. Dazu kommen noch einige wenige Gräber aus späterer Zeit, die nicht mehr alle identifiziert werden können, da es darüber keine Aufzeichnungen gibt. Es handelt sich dabei vor allem um die Gräber der Bewohner/innen des jüdischen Flüchtlingslagers, das nach Kriegsende in Steyr bestand. Das letzte Grab gehört Friedrich und Elena Uprimny.

Auf dem Friedhofsgelände befindet sich auch ein Kinderfriedhof. Das Friedhofsregister weist von 1874-1924 51 Kindergräber aus, das letzte datiert vom 4. 11. 1924. Ein Grab ist das eines Erwachsenen, nämlich das von Moriz Zürner, einem Häftling der Frohnfeste in Steyr, der im St. Anna Spital im Juli 1892 im Alter von 26 Jahren verstorben ist.

Dieser Kinderfriedhof wurde leider im Zuge der Abrissarbeiten an der Zeremonienhalle in den sechziger Jahren zerstört und eingeebnet. Heute erinnert ein Gedenkstern an diesen Kinderfriedhof.

Weiters befindet sich auf dem Friedhof ein Massengrab mit über 100 ungarischen Juden und Jüdinnen, welche in den letzten Kriegstagen durch das Ennstal in Richtung KZ Mauthausen getrieben und auf diesem „Todesmarsch“ ermordet wurden.

Gemäß jüdischer Tradition befindet sich ein Selbstmördergrab außerhalb des geschlossenen Gräberfeldes. Dabei handelt es sich um das Grab von Isidor Weinwurm, Gründungs- und Vorstandsmitglied der Chewra-Kadischa.

Am 9. November 1989 wurde an der Außenmauer des Friedhofs eine Gedenktafel vom Komitee Mauthausen gemeinsam mit der Stadt Steyr mit folgender Inschrift angebracht:

„Hier befindet sich der Friedhof unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Er erinnert an ihre jahrhundertelange Ansiedlung in Steyr bis zur Vertreibung und Ermordung in Konzentrationslagern durch das menschverachtende NS-Regime. Ein Massengrab von ungarischen Juden, die auf dem Weg nach Mauhausen 1945 ermordet wurden, mahnt uns, die unsagbare Leidensgeschichte der jüdischen Bevölkerung nie zu vergessen. 9. November 1989.“

Der jüdische Friedhof wurde im Sommer 1990 von zwei internationalen Jugendsommerlagern renoviert, das Renovierungsprojekt im folgenden Jahr abgeschlossen.

Nach langwierigen Verhandlungen gelang es im Jahr 2002 die ehemalige Friehofstiege nach dem letzten Juden Friedrich Uprimny umzubenennen und 2003 eine Stele zur Erinnerung an die Familie Uprimny, die jüdische Kultusgemeinde und den jüdischen Friedhof zu errichten.