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Das Gemeindehaus

Zustand des Hauses vor und nach der Renovierung 2010

Das Gemeindehaus war nach der Zerstörung der alten Synagoge in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 der Ort für Gebete bis zum 2. April 1968. Im Zuge der Sanierung des Gemeindehauses entstand 2010 das Museum. Besonders interessant ist, dass die originalen Sitzbänke aus der Zeit von 1945 bis 1968 erhalten geblieben sind. Außerdem ist auf der linken Seite der Vorhang vom Toraschein zu sehen, der aus dem Flüchtlingslager der „Displaced Persons“ in Asten (LAGER ASTEN) stammt.

Als der Beth Hamikdasch, der große zentrale Tempel in Jerusalem zerstört wurde, wurden auch die Juden in die Diaspora verstreut. Dort haben sie in allen Städten Synagogen gebaut, die sie Mikdasch Me’at (kleine Heiligtümer) genannt haben.

Diese konnten zwar keineswegs den echten Beth Hamikdasch, das große Heiligtum ersetzen, dienten aber doch als Gebetshaus für die lokale Gemeinde. Sie waren viel bescheidener ausgestattet, strahlten aber dennoch Würde aus. Neben dem eigentlichen Gotteshaus gab es oft zusätzlich ein Gemeindehaus, das als Lehrklassen und Gemeindeversammlungen, aber manchmal auch als Wohnungen der Rabbiner diente.

Die Linzer Synagoge wurde in der Shoah zerstört und als langfristiges Provisorium wurde bis 1968 das jetzt renovierte Gebäude auch als Bethaus verwendet. Nachdem die neue Synagoge im Jahr 1968 durch meinen seligen Vater, Oberrabbiner Dr. Akiba Eisenberg eingeweiht wurde, verlor das Gemeindehaus an Bedeutung. Sein äusserer (und innerer) Zustand war in Konflikt mit der schönen, würdigen Synagoge.

Jetzt wo es wieder mit Hilfe von Land Oberösterreich unter Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer und der Stadt Linz unter Herrn Bürgermeister Dr. Franz Dobusch in altem Glanz erstrahlt, ist es für mich persönlich eine große Freude, ganz in der Familientradition, dieses Gebäude einweihen zu dürfen.

Oberrabbiner
Chaim Eisenberg

Ort des Gedenkens und des Aufbruchs

Die Erinnerung wach halten, das Gedenken pflegen, Zeichen setzen. Das Land Oberösterreich sieht die dunkelsten Stunden seiner Geschichte als Auftrag zum bewussten Handeln in Gegenwart und Zukunft. Es ist Teil unserer Identität, diese Verantwortung wahrzunehmen. Wir tun dies in vielfältiger Weise: durch Forschungsprojekte, durch die Arbeit der Stiftung Hartheim, aber auch durch Initiativen, die helfen sollen, zerstörte Einrichtungen der jüdischen Gemeinde in Linz instand zu setzen. So wird zweierlei möglich: einerseits werden Orte des würdigen Gedenkens an jene geschaffen, die in den Jahren des nationalsozialistischen Terrors ums Leben gekommen sind. Andererseits erhält die jüdische Gemeinde Linz eine neue, zeitgemäße Heimstätte, einen Ort der Gemeinschaft, einen Ort der Begegnung, von dem aus sich das Gemeindeleben gut entfalten kann.

Das sanierte Gemeindehaus der jüdischen Gemeinde Linz ist in diesem Sinne auch ein Zeichen der Zuversicht, weil es eine Brücke in die Zukunft ist. Das Gemeindehaus in der Linzer Bethlehemstraße wurde in den Jahren des NS-Terrors geplündert, aber nicht ausgelöscht, und steht somit für die in Stein gefasste Kontinuität des jüdischen Lebens in Linz und Oberösterreich. Ein wichtiges Signal, ein Ort des Gedenkens und des Aufbruchs in die Zukunft.

Ich bedanke mich herzlich bei der Israelitischens Kultusgemeinde Linz und ihrem Präsidenten DI George Wozasek für den Einsatz, für die Abwicklung der Baumaßnahmen und wünsche der jüdischen Gemeinde, dass viel Gutes vom neuen Gemeindehaus ausgehen möge.

Landeshauptmann
Dr. Josef Pühringer

Die Zerstörung der Synagogen in der Pogromnacht des November 1938 machte in aller Öffentlichkeit deutlich, dass im nationalsozialistischen Staat Recht und Ordnung außer Kraft gesetzt waren. Die damaligen Vertreter der Stadt Linz sahen sogar ihre Aufgabe darin, die städtische Feuerwehr am Löschen der brennenden Synagoge zu hindern. Nach der Vertreibung und Deportierung der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt glaubte man sich in Linz mit der Erklärung hervortun zu müssen, die Stadt „judenfrei“ gemacht zu haben.

Nach 1945 sah es die demokratisch gewählte Stadtregierung als ihre Verpflichtung an, das Wiederentstehen einer jüdischen Gemeinde in Linz nach besten Kräften zu fördern. Mit finanzieller Unterstützung der Stadt Linz konnte im Jahr 1968 der Neubau der Synagoge realisiert werden.

Stadt Linz und Kultusgemeinde Linz sind seit vielen Jahren gemeinsam bemüht, die jüdische Geschichte von Linz sowie die Bedeutung der Kultusgemeinde im öffentlichen Leben noch stärker bewusst zu machen. Im Sinne dieser Grundsätze übernahm die Stadt Linz einen großen Teil der Kosten für die Renovierung des Gemeindehauses der Kultusgemeinde. Ich freue mich auch, dass das städtische Archiv für die Einrichtung des neuen Gedenkraumes historische Dokumente zur Verfügung gestellt hat.

Das Schicksal der jüdischen Bevölkerung von Linz in der Zeit des Nationalsozialismus sollte uns auch künftig als Mahnung dienen, bereits den Anfängen der Diskriminierung von Minderheiten in unserer Stadt entschlossen entgegenzutreten.

Bürgermeister
Dr. Franz Dobusch