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50 Jahre Synagoge Linz: Wo Eichmann aufwuchs

50 Jahre Synagoge Linz: Wo Eichmann aufwuchs

Die Israelitische Kultusgemeinde Linz hat am Donnerstag das 50-jährige Jubiläum der Wiedereinweihung ihrer Synagoge, die 1938 zerstört worden war, gefeiert.

Festredner aus Politik und Religion warnten vor Antisemitismus und thematisierten die belastete Geschichte der Stadt – nicht nur als Lieblingsstadt Adolf Hitlers, sondern auch als jenen Ort, wo Adolf Eichmann aufwuchs.

Die Synagoge in der Bethlehemstraße war während des Novemberpogroms 1938 niedergebrannt worden. Nach dem Krieg wurde sie neu aufgebaut und 1968 als erstes der in der Nazizeit zerstörten jüdischen Gotteshäuser in Österreich wieder eingeweiht. Unter den Gemeindemitgliedern, die die Wiedererrichtung aktiv betrieben haben, waren viele Überlebende des KZ Mauthausen und seiner Nebenlager.

Wiedererrichtung „ein Kraftakt“

Die Synagoge wieder aufzubauen sei „ein Kraftakt“ gewesen“, sagte die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Linz, Charlotte Herman, leider seien von den Gründern heute „außer meiner Mutter“ bereits alle gestorben. Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg lobte die Arbeit der IKG Linz: „Ich neige mein Haupt vor den kleinen Gemeinden“, denn eine Gemeinde wie Wien mit mehreren tausend Mitgliedern zu führen sei leichter als eine mit nur etwa 100 wie in Linz.

Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, Charlotte Herman, beim Festakt zum 50-Jahr-Jubiläum der Wiedererrichtung der Linzer Synagoge

APA/Fotokerschi.at./Werner Kerschbaum

Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, Charlotte Herman

„Für einen Vertreter des Staates Israel ist ein Besuch in Linz keine einfache Angelegenheit“, fand die Israelische Botschafterin Talya Lador-Fresher eher bittere Worte. So sei nicht nur Adolf Hitler nahe Linz aufgewachsen, sondern auch Adolf Eichmann, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts, in der Bischofstraße großgeworden. Sie bemängelte, dass es dort keine Gedenk- oder Hinweistafel gebe und forderte „Stolpersteine“ – kleine Gedenktafeln – für jene Juden, die auswandern mussten.

„Mahnung und Auftrag“

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erinnerte daran, dass die Linzer Synagoge „keinesfalls durch den spontanen Volkszorn“ ihr Ende fand, sondern durch organisierten Terror. Die Geschichte müsse uns heute daher „Mahnung und Auftrag“ sein. „Gegen jede Form des aufkeimenden Antisemitismus haben wir vorzugehen“, so Stelzer und betonte: „Die IKG ist ein Teil unserer gemeinsamen Heimat“, die jüdische Religiosität sei in der Gesellschaft erwünscht „und wir schützen sie“.

Innenansicht beim Festakt zum 50-Jahr-Jubiläum der Wiedererrichtung der Linzer Synagoge, 26. April 2018 in Linz

APA/Fotokerschi.at./Werner Kerschbaum

Festakt zum 50-Jahr-Jubiläum der Wiedererrichtung der Linzer Synagoge

Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) erinnerte an antisemitische Umtriebe in der Geschichte der Stadt und wies darauf hin, dass Linz mit Namen von Kriegsverbrechern wie Eichmann oder Ernst Kaltenbrunner unrühmlich verbunden ist. „Wir dürfen aber auch nicht ausblenden, dass es auch nach 1945 Widerstand und Ressentiments gegen die jüdische Gemeinschaft gegeben hat.“ Er hoffe, dass man aus der Geschichte gelernt habe, „niemanden auszugrenzen, niemanden vorzuführen“.

Bischof erinnerte an Pogrom

„Man hat meinem Gott das Haus angezündet – und die Meinen haben es getan“, zitierte der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer ein Gedicht des deutschen Theologen Klaus Hemmerle zum 50. Jahrestag der in der Nazi-Diktion Reichskristallnacht genannten Novemberpogrome.

Scheuer erinnerte zudem an antisemitische Verstrickungen früherer Zeiten und gestand ein, dass die oberösterreichische katholische Kirche „ganz und gar keine Ausnahme“ dargestellt habe. Bereits im 15. Jahrhundert war wegen einer behauptete Hostienschändung durch Juden ein Pogrom ausgebrochen, das mit der Umwandlung der Synagoge in eine christliche Kirche endete.

Konzert beeindruckte

Die Feier, zu der auch Vertreter anderer Glaubensgemeinschaften wie etwa der evangelische Superintendent Gerold Lehner und Murat Baser, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinde Linz, gekommen waren, fand dennoch einen sehr versöhnlichen und fröhlichen Ausklang: Ein Konzert des Wiener Oberkantors Shmuel Barzilai und des Linzer Vorbeters Ville Lignell – gesanglich unterstützt von Oberrabbiner Eisenberg – beeindruckte die Besucher sichtlich.

religion.ORF.at/APA

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