Abgeschlossene Ereignisse

Buchpräsentation: MARIE – ein jüdisches Mädchen aus Linz

Das Leben von Marie Spitz erfährt knapp vor dem achten Geburtstag eine dramatische Wendung. Herausgerissen aus einem behüteten Umfeld spürt sie die Angst ihrer Eltern. Die Straßen füllen sich in Kürze mit schreienden und stampfenden Menschen. Uniformierte kleben Plakate auf das Geschäft ihrer Mutter und versperren den Eingang. Marie muss nicht nur ihre Vertreibung aus der Volksschule erfahren, sondern auch den Brand der Synagoge während der Pogromnacht hautnah miterleben. Sie und ihre Familie entkommen nur knapp den Flammen. Wenig später wird sie allein nach England geschickt. Nach langen Monaten in zwei Lagern bekommt sie endlich liebevolle Gasteltern. 1940 kann die zehnjährige Marie in Kalifornien ihre Mutter und ihren Vater schließlich wiedersehen.

Am 27. März dieses Jahres fand in der Synagoge die Buchpräsentation des Kinderbuches „MARIE – ein jüdisches Mädchen aus Linz“ statt.

Ehrengäste waren unter anderem Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer, Vizebürgermeisterin Karin Hörzing sowie Superintendent Dr. Gerold Lehner.Wie kam es nun zu diesem Buch?

Das Thema der immer weniger werdenden Zeitzeugen erschwert den Kampf gegen Antisemitismus enorm, denn diese Überlebenden erzählten ihre persönlichen Geschichten und konnten so Personengruppen ansprechen, die auf rein historische Fakten nicht eingehen würden.

Schon jahrelang gab es Überlegungen – wie kann  man die Generationen, „die ja nichts damit zu tun hat“, erreichen? So schrecklich die Zahl 6 Millionen ermordeter Juden auch ist, die jüngere Generation kann sozusagen „damit nichts anfangen“, es ist zu abstrakt.

Die Biographie einer EINZIGEN Person kann mehr vermitteln, als fast alle anderen Mitteln, denn solche Geschichten bleiben in Erinnerung. Aber die Frage stellt sich auch, ab welchem Alter man Jugendlichen-Kindern diese schreckliche Geschichte zumuten kann.

Dazu gibt es natürlich verschiedene Meinungen aber unsere ist die, dass das früh genug geschehen muss, noch BEVOR eine antisemitische oder rassistische „Vergiftung“ in den Köpfen der Kinder stattfindet. Wenn Volksschulkinder andere Kinder auf diese antisemitische und rassistische Weise beschimpfen können, das Wort JUDE als Schimpfwort verwenden, dann ist es höchste Zeit dagegenzusteuern.

All diese Überlegungen – Biographie und Kinder- beschäftigten uns ständig und führten dazu, dass dieses Kinderbuch entstanden ist.

2018 wurde Frau Marie Donner von der Stadt Linz anlässlich des 80 jährigen  Gedenkens an die Reichspogromnacht eingeladen. Ihre Biographie schilderte Frau Mag. Verena Wagner ausführlich in dem von der Stadt Linz beauftragten Buch  „Jüdische Lebenswelten“.

Frau Donner persönlich erzählte im Alten Rathaus wie sie in der Reichspogromnacht als 8jährige in der brennenden Synagoge überlebte, bzw. sich mit ihrer Familie retten und flüchten konnte. Ihre Erzählung war so faszinierend, dass es ab diesem Augenblick klar war, ihre Biographie, kindergerecht aufbereitet, in einem Kinderbuch zu publizieren.

Frau Mag. Wagner war sofort bereit das Projekt anzugehen. Sie musste einerseits den Text massiv zu kürzen und Zeichnungen oder andere graphische Elemente einbauen.

Bezüglich der grafischen Gestaltung war vieles noch unklar. Inzwischen begann jedoch die Corona Pandemie  und Frau Mag. Wagner, selbst Lehrerin, hatte genug Zeit und überlegte sich, selbst die Gestaltung zu übernehmen. Ihre Collagen wurden ein reines Kunstwerk.

Herr Schepe, der Fotograf, brachte höchst professionell eine Tiefe in die Illustrationen.

Auf den Textseiten fügte die Grafikerin Frau Hohl inhaltlich angepasst die jeweiligen Elemente ein.

Aber was wollen wir eigentlich mit dem Buch erreichen?

Am wichtigsten für uns ist, dass das Buch in die Schulen kommt. Wir wollen, dass Pädagog:innen, aus eigenem Willen und Initiative behutsam diese Biographie und die dazugehörige Geschichte vermitteln. Antisemitismus und Rassismus, Ausgrenzungen im Allgemeinen müssen professionell thematisiert werden. ES GEHT HIER NICHT DARUM, KINDERN SCHULDGEFÜHLE ZU VERMITTELN, so wie es manchmal als Gegenargument gebracht wird. Pädagogischen Einrichtungen wird das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt.

Die Finanzierung konnten wir Dank Zuschüssen des Landes OÖ sowie der Stadt Linz bewältigen, wofür wir sehr dankbar sind.

Es folgt nun eine didaktische Aufbereitung, damit die Pädagog:innen mit dieser Hilfestellung weniger Hemmungen haben, das Thema aufzugreifen. Eine eigene Homepage zu dem Buch ist auch geplant.

Da Vorurteile und Anfeindungen oft schon vom Elternhaus kommen, ist es umso wichtiger, das Thema Antisemitismus und Rassismus in den Schulen, eben schon so früh wie möglich zu thematisieren. Dass wir Kindern in diesem Alter die Thematik zumuten können, ist wissenschaftlich belegt und daher sollten wir diese Richtung forcieren.

Der Umstand, dass sich schon zahlreiche Schulen an uns gewandt haben, um das Buch anzufordern, bestätigt unsere Initiative.

Eine eigene Website ist nun online: https://marie-aus-linz.at/

In der Website kann ein für Pädagoginnen und Padagogen geeignetes Projektheft heruntergeladen werden, welches die Vermittlung des Buches unterstützt.

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